General-Anzeiger Anno 1875Tageszeitung Anno 1875

Torsten LangewiescheTorsten Langewiesche

(Foto: Stefan Fries)

Langewiesche druckte schon zur Kaiserzeit

In der fünften Generation führt der heutige Chef die Tradition der Familie fort.

Von Dominique Schroller

Vohwinkel. Das Papier ist vergilbt und knarzt beim Umblättern. Die großen Seiten sind in einer verschnörkelten Schrift eng bedruckt. »Das Befinden unseres Kaisers ist glücklicherweise so befriedigend, dass er schon viele Personen, auch das Staatsministerium, empfangen hat« – das ist die Nachricht des Tages. General-Anzeiger steht in großen schwarzen Lettern über der ersten Seite. Darunter das Datum: 23. Februar 1875.

Torsten Langewiesche (Foto) hat sich auf individuelle Anfragen beispielsweise nach hochwertigen Visitenkarten oder Briefbögen spezialisiert. »Wir stanzen, prägen und perforieren auch auf buntem Papier. Da ich alles selbst setzen kann, schaffe ich mir Raum für Kreativität.« Das Handwerk hat er von seinem Vater gelernt. »Bei ihm habe ich meine Ausbildung absolviert, bin dann aber in eine andere Firma gegangen, um noch andere Maschinen und Techniken kennenzulernen.«

Als Kind sei ihm immer klar gewesen, dass er die Firma später übernimmt. Doch bis zum Schulabschluss hatten Druckerschwärze und Papier ihren Reiz verloren. »Mit 16 hatte ich andere Ideen und fand Autos viel faszinierender.« Sein Vater ließ ihm die Freiheit, als Kfz-Mechatroniker in die Lehre zu gehen. »Da ich 1,98 Meter groß bin, war es nicht so toll, in Hockstellung unter der Bühne zu arbeiten. Also bin ich zurückgekommen.«

Familientradition verpflichtet eben doch. »Meine Vorfahren haben sich etwas dabei gedacht, als sie das hier angefangen haben und nun habe ich den Ehrgeiz, das auch zu Ende zu führen.« Eine weitere Generation wird es wohl nicht geben. »Meine Tochter soll etwas anderes machen. Deshalb denke ich, dass ich als letzter der Familie hier irgendwann abschließe.«

Von den Bleibuchstaben, aus denen sich einst die Texte auf den alten Zeitungsseiten mühsam zusammen setzten, hat er sich bereits getrennt. »Vor dem Umzug habe ich 1,5 Tonnen Bleisatz entsorgen lassen. Für die originalen Holzlettern hat sich das Museum für Frühindustrialisierung in Barmen interessiert.«

Er hat selbst den Buchdruck aus Einzelbuchstaben noch gelernt und weiß, wie aufwändig das ist. Entsprechend groß ist seine Hochachtung vor dem Zeitungsdruck seiner Vorfahren. »Das war noch richtig Handwerkskunst«, sagt er und streicht über eine der vergilbten Seiten von 1875, auf der Anzeigen den Ausverkauf von Herrenmode und eine Versteigerung von Brieftauben in Elberfeld ankündigt. Jemand sucht einen Abnehmer für seinen Mantelofen, ein anderer einen »Knaben mit guter Handschrift für leichte schriftliche Arbeiten.«

WZ Stadtteil-Artikel vom 28. Juli 2016
Westdeutsche Zeitung Wuppertal

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